Sorge um die Armen, besonders um arme Kinder
Die Dienerin Gottes verwendete sich dafür, die Unwissenden und vor allem die armen, verlassenen Kinder religiös zu unterweisen. Sie holte sie selbst zusammen, um mit ihnen von Gott zu sprechen und sie zum Beten anzuleiten, und das in großer Güte. Eines der Ziele ihres Werkes war, diese Kinder bis zu ihrer Erstkommunion zu unterrichten.
Von den Anfängen der Kongregation an organisiert die Dienerin Gottes einen Empfang für die armen Kinder aus den Dörfern, die zur Pfarrgemeinde von Niederbronn gehören. Diese Kinder erhalten jeden Morgen das Frühstück und zu Mittag eine Mahlzeit. Ihre Anzahl wächst rasch: Nach einem Monat sind es 25, einige Monate später kommen 42. Die meisten dieser Kinder erhielten dort ebenfalls Kleidung.
Mutter Alfons Maria wollte, dass ihre Töchter arme Kinder in ihre Häuser aufnehmen, sie mit Essen und Kleidung versorgen, aufmerksam von früh bis abends auf ihr Verhalten achten und ihre Herzen zur Tugend anleiten. Sie wollte, dass die Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren von den Gefahren des Müßiggangs bewahrt werden und dass sie bei ihren Töchtern arbeiten lernen. Zahlreiche Gemeinden haben die Verdienste in diesem Bereich gewürdigt.
Den Armen und den Kranken galt die Wohltätigkeit der Dienerin Gottes in bevorzugter Weise. Für sie errichtete sie ihr Werk, dabei hatte sie ein feinfühliges Gespür für ihre Bedürfnisse. Sie bildete ihre Töchter dazu heran, ihnen Hilfe zu leisten; sie selbst versorgte die ersten Kranken, um ihnen ein Vorbild dafür zu sein. Sie will, dass unter den Kranken, die möglicherweise die Hilfe der Schwestern brauchen, die Armen den Vorrang habe. Sie will, dass man die Gaben der Reichen den Armen zukommen lässt, dass diese Gaben dazu dienen, Reiche und Arme miteinander in Verbindung zu bringen und zu versöhnen. Sie will, dass ihre Töchter in den Armen immer den leidenden Heiland sehen: „Die Absicht der Töchter des Göttlichen Erlösers muss sein, in der Person jedes Armen der Person Jesu Christi zu dienen, eingedenk der Worte des Heilandes: Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“
Die Dienerin Gottes übte die Liebe zu den Ärmsten und den am meisten Benachteiligten ohne Ansehen der Person. Selbst von Geburt an arm, krank und ohne all das, was die Welt schätzt, empfand sie die Nöte der Bedürftigen tief und zeigte sich sensibel gegen jede Notlage. Jede Form von Not, geistlich, physisch oder materiell, regt ihr Herz zum Mitfühlen an und zum Willen, Abhilfe zu schaffen.
In einer Gegend, wo Katholiken und die Protestanten Seite an Seite leben, nimmt sie sich auch um die Betreuung von Protestanten an, die sie rufen, und pflegt sie mit Hingabe und Liebenswürdigkeit.
Die Dienerin Gottes betete viel für die Sterbenden und die Seelen im Fegefeuer. Auf Eingebung unseres Herrn empfahl sie ihren Töchtern diese Gewohnheit dringend und schrieb in ihrer Ordnung die täglichen Gebete vor, die in dieser Meinung zu verrichten sind.
Sie hatte Feinde und Widersacher und musste offenkundige Feindseligkeit ertragen; nie äußerte sie weder Worte noch zeigte sie Gefühle, die gegen die Liebe waren. Bei gewissen Gelegenheiten hielt sie dem in Ruhe die Bekräftigung ihrer Pflichten als Generaloberin entgegen. Sie lehrte das, was sie heroisch übte: „Man wird sie weiterhin achten, wenn man von ihnen angefeindet und auf verschiedene Art gedemütigt wird: Man wird ihnen mehr Gutes tun als denen, die unsere Wohltaten anerkennen, uns ehren und loben.“ „Solang wir uns nicht entschließen, alles von unserem Nächsten zu ertragen ohne böse zu werden, werden wir nicht zur Vollkommenheit gelangen.“ Abbé Glöckler konnte sagen: „Mutter Alfons Maria blieb immer gleich und zeigte keinen Ärger bei Unannehmlichkeiten, auch wenn der Schmerz ihr tief gekränktes Herz zerschnitt und sie nichts mehr tun konnte gegen den Hass.
Mutter Alfons Maria übte ihren Töchtern gegenüber tätige Liebe. Sie scheute vor keiner Müdigkeit oder Unannehmlichkeit zurück – sie blieb ja ein kranker Mensch -, um sie einzuführen, sie zu besuchen, ihnen Mut zu machen. Man musste sie bitten, Rücksicht auf ihre Gesundheit zu nehmen. Die Dienerin Gottes gab sich alle Mühe, damit um sie herum Friede und Eintracht herrscht. In ihren Unterweisungen an ihre Töchter legt sie sehr viel Wert auf die schwesterliche Liebe. Dass dies Gegenstand ihrer ersten Unterweisung war, ist ein Beweis, dass es eines ihrer wesentlichen Anliegen war. Sie sagte: „Lernt also, meine Kinder, euch gegenseitig in allem zu ertragen. Wenn eine gegen die andere einen Fehler begeht, soll diese es sofort vergessen können, sie möge dieser größere Zuneigung erweisen als gewöhnlich, damit die, die im Unrecht ist, nicht einmal merkt, dass sie die erstere verletzt hat.“ In der harten Prüfung, die die Trennung der Häuser von Wien, Ödenburg / Sopron und Würzburg mit sich brachte, konnte Abbé Reichard sagen: „Die Ehrwürdige Mutter hat Sr. Th. (die Abtrünnige) immer mit viel Entgegenkommen und Liebe behandelt, auch dann, wenn sie sie zurechtweisen musste.“
Gott hatte die Dienerin Gottes für ein großes karitatives Werk im Bereich der heiligen Kirche ausgesucht, und sie antwortete heldenhaft darauf. Obwohl sie in inniger Verbundenheit mit Gott lebte, hatte sie erklärt: „Ich möchte nicht in einen Klausurorden gehen, sondern ich möchte so gern dort leben, wo ich zum Heil der Seelen arbeiten kann.“ Seit sie die Pläne kannte, die Gott mit ihr hatte, ließ sie sich durch keine Schwierigkeit menschlicher Art aufhalten. Sie ermahnt ihre Töchter, heldenhaft die Nächstenliebe zu üben durch die Hingabe ihrer selbst, aus Liebe zu Gott, zu den Armen und Kranken, ohne weder auf Mühe noch auf Müdigkeit zu achten, ohne sich selbst zurückzunehmen, bis zum Opfer ihres Lebens. Die Briefe, die sie an sie richtet, als sie sie zur Pflege der Cholera aussendet, bestätigen das.
Von da versteht man den Absatz in der Ersten Regel besser, der den Zweck der Kongregation festlegt: „Der Orden wird den armen Kranken in ihren eigenen Wohnungen zu Hilfe kommen, wenn sie eine haben, sie bedienen und ihnen ihrem Zustand angemessene Nahrung beschaffen, ihnen die Arzneimittel besorgen, die sie brauchen, sowie Bett- und Leibwäsche. Er wird Gebrechliche betreuen, die nach ihrer Hilfe verlangen.
Er wird sich vor allem und vorrangig um das Seelenheil der Armen und Kranken kümmern. Er wird arme verlassene Kinder aufnehmen und sie betreuen, bis sie die nötige religiöse Unterweisung erhalten und ihre Erstkommunion gemacht haben.“
Sie schuf eine Kongregation, die auf eine dringende Not der Zeit antwortet und die in einigen Jahren eine überraschende Ausbreitung erfahren wird.