Die Tapferkeit
Die Dienerin Gottes bewies die Tugend der Tapferkeit in heroischem Grad. Der Welt nach war sie schwach, ohne all die Güter, die die Starken und Mächtigen der Erde ausmachen, sie war stark aus der Stärke Gottes. In ihr wird das Apostelwort deutlich sichtbar: „Ich bin stark in dem, der mich stärkt.“
Sie schöpfte diese Tugend des Starkmuts aus dem Glaubensgeist und aus ihrer innigen Liebe zu Gott. So wurde sie stark aus der Pflicht. Sie suchte zuerst, sie gut zu erkennen, sie holte Rat ein; hatte sie erkannt, was sie tun muss, war sie unbeugsam in der Erfüllung. Als Kind wird sie sich bewusst, dass sie ihren Eltern helfen soll; obwohl von ziemlich schwacher Gesundheit, leistet sie ihnen alle kleinen Dienste, die sie tun kann. Ebenso sieht sie es als Pflicht an, sich in der christlichen Lehre zu bilden, aber sie erlebt große Schwierigkeiten und kämpft fest und ausdauernd, um das verborgene Manna zu entdecken. Als Jugendliche zwingt sie sich zu der schweren Arbeit am Feld, sie widmet sich ihr ohne Nachlässigkeit. Als Gründerin und Generaloberin lässt sie sich weder von Verantwortung noch von Schwierigkeiten aller Art entmutigen.
Mutter Alfons Maria zeigte sich in der Arbeit unermüdlich. Pfarrer Reichard konnte sagen: „Ohne Unterlass fühlt sie sich unaufhaltsam zu ihren Pflichten als Oberin angetrieben. Nicht nur entzieht sie sich niemals einer Pflicht, sie fühlt sich vielmehr verpflichtet noch mehr zu tun, trotz Versuchungen des Widerwillens, die sie empfindet.“ Abbé Busson: „Sie ist unerschütterlich in der Erfüllung ihrer Pflichten. Wenn der Böse sie davon abzubringen sucht, widmet sie sich diesen mit wohl noch größerem Eifer, weit entfernt davon, auf die Versuchung zu hören.“ Obwohl leidend, muss sie sich oft auf Reisen begeben, weil es eine Pflicht dringend erfordert.
Sie war heldenhaft geduldig in der Krankheit. Sie ließ keine Klage vernehmen, trotz der Länge und der Heftigkeit der Prüfung. „Während meiner beständigen Leiden erinnerte ich mich stets an die Bitte, die ich seit meiner Kindheit an Gott gerichtet hatte: dass ich mein Herz rein bewahren könne, dass ich zur Heiligkeit gelange und dass ich in allem seinen heiligen Willen erfülle, und ich dachte oft: ‚O, ich will wohl leiden, wenn ich nur das erreiche.‘“ Ihr ganzes Leben leidet sie weiterhin geduldig körperliche Schmerzen.
Die Dienerin Gottes war geduldig in den Beleidigungen, bei Verkennung und in den Widersprüchen, wie weiter oben gesagt wurde.
Sie zeigte heroische Seelenstärke in Ängsten und geistlicher Trockenheit. Das bewies sie schon in jungen Jahren. „Als Kind verbarg ich schon mein inneres Leiden und ich beklagte mich nur beim lieben Gott.“ Mit 17 Jahren, als sie Trockenheit überfiel, Widerwille und alle damit verbundenen Seelenleiden, sagte sie, nachdem sie geseufzt hatte: „O Jesus, selbst wenn ich nicht gut bete, werde ich doch fortfahren zu beten, weil es mir mein Beichtvater befohlen hat.“ In einer Periode der Trockenheit wendet sie sich an Jesus: „Mein Jesus, auch wenn ich in meinem Herzen keinerlei Liebe zu dir empfinde, bin ich bereit, dir bis zum Tod treu zu bleiben; lehre mich, wie ich mit dieser Art von Leiden umgehen soll.“
Pfarrer Reichard bezeugt: „Sie blieb treu und ausdauernd in diesem Leiden und fuhr fort, den Willen Gottes zu erfüllen.“ Abbé Busson: „Dieser Prüfung unterworfen, wurde die Kranke jeden Tag geduldiger, ergebener.“
Sie hatte Quälereien des Bösen zu ertragen, der sie zu verwirren und zu erschrecken suchte, indem er sie auf sichtbare Art bedrohte und sie mit Flüchen und Lästerungen überhäufte. Sie sammelte sich dann, erkannte, dass es sich um den Versucher handelte, nahm ihr Kreuz und fand wieder Ruhe und Frieden. Sie lehrte auch ihre Töchter, wie sie sich in Versuchungen gegen Satan verhalten sollten: Ihn verachten „Er wird ganz verwirrt die Flucht ergreifen.“
Die Dienerin Gottes zeigte mitten in Widrigkeiten eine fröhliche Seele, um den Nächsten zu erbauen. Alle, die mit ihr in Kontakt kamen, bezeugten das. Sie sagt auch in ihren Unterrichten: „Welch gutes Beispiel geben der Welt die Seelen, die in ihren schweren Leiden ruhig und ergeben sind, sich nicht beklagen, in Geduld und Schweigen leiden und mit fröhlichem, gelassenem Gesicht alle empfangen, die zu ihnen kommen.“ „Eure Leiden sollen weder euer Gesicht noch eure Gedanken betrüben. Bekämpft immer in euch die Traurigkeit, zur Erbauung eurer Mitschwestern und aller, die euch sehen. Ruhe, Gelassenheit, Freude passen für Kinder Gottes.“
Die Tugend des Starkmutes der Dienerin Gottes kam klar zum Tragen, wenn es darum ging, sich für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen einzusetzen. Ergeben und voll Achtung, aber mit unerschütterlicher Festigkeit führte sie den Kampf, um das Widerstreben zu beseitigen, das Pfarrer Reichard gegen den Beginn eines Werkes hatte, das menschlich gesehen zum Scheitern verurteilt war. Sie führte dessen Errichtung weiter ohne nachzulassen, obwohl sie innerlich von Furcht durchdrungen war, weil sie sich ihrer Schwachheit und ihres Nichts bewusst war. Sie leitete dieses Werk, zugleich klug und kühn wie ein Steuermann, sie war sehr bestrebt, den Bereich ihrer Tätigkeit auszuweiten. Hier dazu ein Zeugnis von Sr. Lukretia: „Abbé Reichard versuchte eines Tages, den Eifer der Mutter zu mäßigen: ‚Was, noch ein neues Haus?‘ sagte er zu ihr. Die Dienerin Gottes trat gerade ins Refektorium ein, als dieser Satz gelesen wurde: ‚So soll sich der Name Gottes über die ganze Erde ausbreiten‘. Sie nahm das Buch und begab sich zum Superior. Seht, Vater, der gute Gott will, dass unser Werk, das seines ist, sich ausbreitet; habt doch die Güte und stimmt zu.“
Die Dienerin Gottes war beharrlich. Sie kämpfte so gut gegen ihren Eigenwillen, dass man bei ihr nichts mehr von Eigensinnigkeit sieht, sondern nur einen unerschütterlichen Willen, wenn auch ohne Starrheit, durch die Übung der Tugend zu Gott zu gelangen. Diese Ausdauer erbat sie inständig: „Ich betete beständig und seufzte innerlich, um die Beharrlichkeit zu erlangen.“ Sie verharrte vor allem im Beten und zweifelte niemals an der Hilfe Gottes, wie lange er ihr auch auferlegte, darauf zu warten, bis er seine Gnaden gewähre. „Wir werden weiterhin beten“, sagte sie, „und niemals nachlassen, bis wir erhört werden.“
Die Tugend der Tapferkeit der Dienerin Gottes kam klar zum Ausdruck im Schweigen, das sie in allen schmerzlichen Situationen zu wahren wusste, wenn es ihr nicht ihre Pflicht auferlegte, die Interessen der Kongregation und ihrer Schwestern zu verteidigen. Sie war der Regel heldenhaft treu, die ihr der Herr vorgezeichnet hatte: „Leide, schweige und bete.“
Sie überwand menschliche Rücksichten. Als Kind hatte sie solchen Eifer, die anderen für Christus zu gewinnen und das Böse zu unterdrücken, dass sie wohl erlebte, dass man sie dafür verachtete und sich über sie lustig machte. Sie war versucht, zu schweigen, aber sie sagte sich: „Wenn nur der liebe Gott nicht beleidigt wird und das Heil von Seelen gesichert ist. Ich tue meine Pflicht, das muss man tun, mag auch die ganze Welt mich verachten.“ Sie war auch versucht, ihre Frömmigkeitsübungen abzukürzen, um ihren Geschwistern gegenüber nicht als Sonderling zu erscheinen. Statt es zu tun bat sie „ihren himmlischen Vater, um Beharrlichkeit zu erlangen“, sie schwieg und ertrug die Spötteleien. In der Kirche empfand sie eine derartige innere Andacht, dass sie diese nicht nach außen verbergen konnte; damit die anderen das nicht merken, war sie versucht, sich zu zerstreuen, aber sie betete im Gegenteil so: „O Jesus, mein göttlicher Bräutigam, warum sollte ich mich deinen heiligen Willen widersetzen, um der Welt zu gefallen? Nein, das wird nicht geschehen. Ich will nicht der Welt gefallen, sondern dir, und wenn ich der Welt missfalle, soll mir das nicht wichtig sein, wenn ich nur dir gefalle.“
Die Dienerin Gottes arbeitete ihr Leben lang daran, andere zur Tugend des Starkmuts anzuleiten, damit sie sich lösen von der Welt und ihren falschen Gütern: die Geschwister, ihre Umgebung, die zahlreichen Besucher glaubten ihr das. Sie ermahnt ihre Töchter stets, gegen die Welt in ihnen selbst zu kämpfen, und sie gibt ihnen die strategischen Linien des Kampfes an: „Kämpft mit Mut. Seid wie Soldaten, die jeden Tag mit der gleichen Unerschrockenheit in den Kampf zurückgehen. Keine Schwäche, keine feige Rührung über euch selbst, macht immer das Gegenteil von dem, was die Natur verlangt. Lebt wie in einem fortwährenden Martyrium.“ Diese mannhafte Belehrung kommt zum Ausdruck in einem Brief, den sie an die Schwestern richtete, die sich bei den Cholerakranken verbrauchten. Nachdem sie sie zum vollständigen Opfer ihrer selbst aus Liebe zu Jesus Christus ermahnt hatte, bittet sie sie dringend, die Ohren vor jedem Lob der Menschen zu verschließen, um nur Gott allein zu gefallen.